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Zecken

Zecken sind weltweit verbreiteter Parasiten, die sich vom Blut zahlreicher Wirbeltiere ernähren. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Übertragung einer Vielzahl von Viren, Bakterien oder Parasiten auf Mensch und Tier.

Zeckenarten

Im alltäglichen Sprachgebrauch wird häufig von „Zecken“ geredet, ohne dass diese unterschieden werden. Weltweit sind jedoch ungefähr 900 verschiedene Zeckenarten bekannt. Sie gehören zur Unterklasse Acari (Milben) innerhalb der Klasse Arachnida (Spinnentiere). Die Unterordnung Ixodida (Zecken) beinhaltet drei Familien: die Ixodidae mit 14 Gattungen (Schildzecken), die Argasidae mit vier Gattungen (Lederzecken), und die Nuttalliellidae, vertreten durch nur eine Art. Während Schildzecken ihrem Namen entsprechend einen harten Schild aus Chitin auf dem Rücken tragen, der je nach Entwicklungsstadium nur einen Teil oder den ganzen Rücken bedeckt, haben Lederzecken eine lederartige Haut ohne Rückenschild. In Europa und Nordafrika sind die meist-vertretenen Gattungen Ixodes (25 Spezies), gefolgt von Hyalomma (11 Spezies), Haemaphysalis und Rhipicephalus (je 8 Spezies), Ornithodoros (7 Spezies), Argas (6 Spezies), und Dermacentor (2 Spezies).

Die Spezies Ixodes ricinus (gemeiner Holzbock) ist die weitaus häufigste Zeckenart in ganz Mitteleuropa. Neben Ixodes ricinus und anderen Ixodes spp. sind auch Dermacentor reticulatus (Auwaldzecke), Rhipicephalus sanguineus (braune Hundecke) und Hyalomma marginatum aufgrund ihrer Vektorkompetenz in der Schweiz vorkommende, medizinisch relevante Zeckenarten.

Ixodes ricinus; Foto: Nathalie Boulanger
Dermacentor reticulatus; Foto: Jonas Durand
Rhipicephalus sanguineus; Foto: Jonas Durand
Hyalomma spp.; Foto: Jonas Durand

Der Entwicklungszyklus von Ixodes ricinus

Der Entwicklungszyklus von Ixodes ricinus durchläuft drei Entwicklungsstadien (aus Eiern schlüpfende Larven, Nymphen, und erwachsene Männchen oder Weibchen), wobei die wichtigste Voraussetzung für die Häutung und den Übergang in das nächste Stadium die Einnahme einer Blutmahlzeit auf einem Wirtstier ist. In jedem Stadium ernährt sich die Zecke von einem anderen Wirt. Ein Entwicklungsstadium dauert in der Regel ein Jahr, so dass der gesamte Entwicklungszyklus im Allgemeinen drei Jahre dauert. Die Dauer kann jedoch zwischen zwei und sechs Jahren variieren, je nach klimatischen Bedingungen und geografischer Lage.

Ixodes ricinus kommt in ausgewählten Habitaten Mittel- und Westeuropas vor, in welchen spezifische makro- und mikroklimatische Bedingungen mit dem Vorhandensein einer geeigneten Kombination und Dichte von Wirtstieren zusammentreffen.

Die primären Habitate von Ixodes ricinus liegen in ruralen Gebieten in Laub- und Mischwäldern, an Waldrändern oder in Gärten. Ixodes ricinus kommt jedoch auch in urbanen Gebieten wie Friedhöfen, Parkanlagen, Freibädern o.ä. vor. Diese Zeckenart ist in einem ausgedehnten geografischen Gebiet von Portugal bis Russland und von Nordafrika bis Skandinavien zu finden.

Die Entwicklungsstadien von Ixodes ricinus. Bild: R. Ackermann

Die Bedingungen für das Vorhandensein von Ixodes ricinus sind in der Schweiz und im benachbarten Ausland bis zu einer Höhe von ca. 1’500 Metern über Meer erfüllt. Der optimale Temperaturbereich für Zeckenaktivität liegt zwischen 14°C und 23°C, die relative Luftfeuchtigkeit muss dabei mindestens 80 % betragen. Stechaktiv werden Zecken jedoch schon, wenn die Durchschnittstemperatur am Boden während 5 Tagen 7°C überschreitet.

Die globale Erwärmung fördert die Zunahme der Zeckenpopulation, in dem die Zeckenaktivitäts-Saison verlängert und das Überleben von Wirtstieren im Winter begünstigt wird.

Die Aktivität der Zecken variiert in ihrem Verbreitungsgebiet und kann ein unimodales oder bimodales Muster aufweisen, wobei die höchste Dichte im Frühjahr oder Herbst erreicht wird. Im Allgemeinen zeigt Ixodes ricinus ein bimodales Aktivitätsmuster mit erhöhter Aktivität im Frühling und Herbst, dieses kann jedoch von Jahr zu Jahr an einem bestimmten Standort variieren. In der Schweiz beginnt die Saison, in der Zecken besonders aktiv sind, je nach Witterung im März und endet im November. Das Zeckenmodell zeigt die statische geografische Verteilung von Gebieten, in denen sich Zecken in der Natur etablieren und überleben können.

Wirtsfindung und Nahrungsaufnahme

Foto: Erik Karits Pixabay

Bei günstigen klimatischen Bedingungen befinden sich Zecken in Lauerhaltung auf bodennaher Vegetation, je nach Entwicklungsstadium bis zu etwa einem (Nymphen) oder 1.5 Metern (Erwachsene) ab Boden, und lassen sich üblicherweise von ihren Wirten dort abstreifen. Zecken nutzen für die Orientierung das Haller’sche Organ, welches sich an der Oberseite des Tarsus, dem letzten Beinsegment des ersten Beinpaars („Vorderbeine“), befindet. Die Rezeptoren des Haller’schen Organs ermöglichen die Wahrnehmung von mechanischen (Erschütterungen), chemischen (Gerüchen, Kohlendioxid) und thermischen (Körperwärme) Reizen. Neben dem Haller‘schen Organ besitzen Zecken eine Reihe weiterer Sinneshaare, welche sich auf den Tastern (Palpen) seitlich der Mundwerkzeuge und den beiden vorderen Beinpaaren befinden.

Nach erfolgreicher Wirtsfindung begibt sich die Zecke zunächst auf die Suche nach einem geeigneten Platz für den Saugakt. Diese Suche kann mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Bei der darauffolgenden Blutmahlzeit gibt die Zecke abwechselnd Speichel in das entstehende Hämatom ab und saugt Blut, Gewebesäfte und Zellsubstrat auf. Der Speichel enthält eine Vielzahl von anästhesierenden, blutgerinnungshemmenden, gewebeauflösenden und immunmodulatorischen Proteinen und Lipiden, die die Fähigkeit des Wirts unterdrücken, die Zecke abzustossen. Der Saugakt dauert zwischen zwei Tagen bei Larven und 13 Tagen bei Weibchen. Dabei kann die Zecke das 100- bis 200-Fache ihres Körpergewichts an Blut aufnehmen.

Das Loslösen vom Wirt findet in einem regulierten Prozess statt, welcher mit dem Verhalten der Wirtstiere synchronisiert ist. Dies ermöglicht es den vollgesogenen Zecken in optimale Habitate zu gelangen, in welchen sie sich weiterentwickeln und vermehren können.

Foto: Nathalie Boulanger

Vektorkompetenz

Ungefähr 10 % der bisher bekannten etwa 900 Zeckenarten haben eine human- oder veterinärmedizinische Bedeutung. Neben direkten Schäden, die durch die Blutaufnahme und in einigen Fällen durch die Ausscheidung von Toxinen im Zeckenspeichel entstehen können, liegt die Hauptbedeutung von Zecken in der großen Vielfalt von Krankheitserregern, die sie übertragen können, darunter Bakterien, Viren, einzellige Parasiten (Protozoen) und parasitäre Würmer (Helminthen).

Die Vektorkompetenz, also die Fähigkeit zur Übertragung eines Erregers, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Diese wirken sich auf Merkmale wie die Präferenz der Zecken für bestimmte Wirtstiere, die Dauer der Blutmahlzeit, die Wechselwirkungen zwischen Zecke und Erreger bzw. zwischen Zecken-Mikrobiom (Gesamtheit der die Zecken besiedelnden Mikroben) und Erreger sowie die Anfälligkeit der Zecke für eine Infektion mit dem Erreger aus. Entsprechend werden verschiedene Erreger durch unterschiedliche Zeckenarten übertragen.

Bedeutung "neuer" Zeckenarten

Die Gattung Hyalomma ist eine tropische Zeckenart, welche seit einiger Zeit auch in Zentraleuropa gefunden wird (z.B. erstmals im August 2018 in Deutschland) und auch in der Schweiz vorkommt. Typische Lebensräume von Hyalomma-Zecken sind trockene und heisse Gebiete wie Wüsten und Steppen, entsprechend ist sie in Trocken- und Halbtrockengebieten Afrikas, Asiens und Europas heimisch. Durch die zunehmend milden Winter konnte sich die Spezies Hyalomma marginatum auch in Mittel- und Nordeuropa ansiedeln.

Im Gegensatz zu Ixodes ricinus jagt sie aktiv und ist deutlich grösser (1 – 2 cm lang; Ixodes ricinus Weibchen sind etwa 0.5 cm lang).

Erwachsene Hyalomma-Zecken suchen sich grosse Tiere oder Menschen als Wirte aus. Sie können die Erreger das Krim-Kongo hämorrhagische Fieber Virus oder Rikettsien übertragen.

Schutz vor Zecken

Geeignete Verhaltensmassnahmen zum Schutz vor Zecken sind:

  • Aufenthalt im hohen Gras und Unterholz meiden
  • Dicht schliessende Kleider mit langen Ärmeln und Hosenbeinen tragen
  • Helle Kleidung tragen, auf denen Zecken besser und schneller erkennbar sind
  • Nach jedem Spaziergang und Aufenthalt im Freien den Körper gründlich auf mögliche Zecken untersuchen

Zum Schutz vor Zeckenstichen können neben den Verhaltensmassnahem auch Repellentien zum Einsatz kommen. Für die Wirkstoffe DEET, Icaridin und Citridiol wurde eine bestimmte Wirksamkeit gegen Zecken nachgewiesen; diese hält jedoch meist nur für wenige Stunden an. Zusätzlich existieren Produkte zum Imprägnieren von Textilien.

Quellen

  • Agustín Estrada-Peña, Andrei Daniela Mihalca, Trevor N. Petney Editors. Ticks of Europe and North Africa – A Guide to Species Identification. Springer International Publishing AG 2017
  • Gray, J.S. The development and seasonal activity of the tick Ixodes ricinus: a vector of Lyme borreliosis. Rev Med Entomol, 1991 79:p. 323-333
  • Ehrmann, S., Liira, J., Gärtner, S. et al. Environmental drivers of Ixodes ricinus abundance in forest fragments of rural European landscapes. BMC Ecol 17, 31 (2017).
  • De la Fuente J et.al. Tick-Pathgen Interactions and Vector Competence: Identification of Molecular Drivers for Tick-Borne Diseases. Front Cell Infect Microbiol. 2017 Apr 7;7:114.
  • Dobler G. et al, The TBE Book, 4th Edition, Global Health Press 2021
  • Pages F, Dautel H, Duvallet G, Kahl O, de Gentile L, Boulanger N. Tick repellents for human use: prevention of tick bites and tick-borne diseases. Vector Borne Zoonotic Dis. 2014 Feb;14(2):85-93.
  • Epidemiologisches Bulletin Robert Koch Institut, Februar 2019/Nr. 7
  • European Centre for Disease Prevention and Control; Ixodes ricinus – Factsheet for experts
  • Bundesamt für Gesunheit BAG
  • https://www.zecken.de
  • https://zecken-stich.ch