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Francisella tularensis

Der Erreger der Tularämie ist ein feines, gramnegatives Stäbchen, das aus infizierten Gewebeproben angezüchtet werden kann. Die Tularämie wurde in der Schweiz lange Zeit insbesondere in Verbindung mit Kontakt zu erkrankten Hasen und anderen Tieren (Jagen, Schlachten) beobachtet. Seit 2012 wird in der Schweiz und in Europa ein deutlicher Anstieg der Krankheitsfälle beobachtet, von etwa 10 im Jahr 2007 auf etwa hundert im Jahr 2017. Francisella tularensis ist eine ansteckende Zoonose, die auf verschiedene Arten übertragen werden kann (Eine Zoonose ist eine Krankheit oder Infektion, die auf natürliche Weise von Wirbeltieren auf den Menschen übertragen werden kann). Neben dem Kontakt mit infizierten Tieren oder deren Umgebung sind Zecken- oder Insektenstiche ein wichtiger Übertragungsweg. Bereits im Jahr 2000 wurde Francisella tularensis in der Schweiz in Ixodes ricinus Zecken nachgewiesen.

Erreger

Francisella tularensis ist ein fakultativ intrazelluläres, gramnegatives, zum Teil kokkobazillär erscheinendes Stäbchen. Die Spezies Francisella tularensis umschliesst vier Subspezies. Die virulenteste Subspezies, Francisella tularensis subsp. tularensis, wird in Nordamerika gefunden, während die Subspezies Francisella tularensis subsp. holarctica in der gesamten nördlichen Hemisphäre gefunden wird und die bedeutende Subspezies in Europa darstellt. Aufgrund der sehr niedrigen minimalen Infektionsdosis müssen die Bakterienkulturen in einem Labor der Biosicherheitsstufe 3 gehandhabt werden.

Für die Subspezies Francisella tularensis subsp. mediasiatica (Zentralasien) und Francisella tularensis subsp. novicida gibt es bisher keine nachgewiesene klinische Relevanz.

Epidemiologie

Francisella spp. sind zoonotische Erreger und haben ein sehr breites Wirtsspektrum; mehr als 100 Spezies können infiziert werden (Tiere, Spinnentiere, Insekten). Bei hochempfindlichen Tieren (Nager, Hasen, Kaninchen) äussert sich die Krankheit durch Fieber, Apathie, Dyspnoe und Tod durch Septikämie. Der Krankheitserreger ist in der nördlichen Hemisphäre weit verbreitet. Der Mensch infiziert sich mit Francisella tularensis durch Einatmen von Aerosolen und Staub (z.B. Heu, Erde), trinken von kontaminiertem Wasser (Süsswasser), Umgang mit infizierten Tieren, Verzehr von infiziertem Fleisch, Biss/Stich eines infizierten Arthropoden (Mücken, Zecken, Bremsen).

In der Schweiz gilt die vektorielle Übertragung durch die Zeckenart Ixodes ricinus als wichtigste Ansteckungsroute. Die Infektionsrate der Zecken mit Francisella tularensis ist seit dem Jahr 2000 bekannt und bleibt mit 0.02% tief.

Die Inzidenz der Tularämie in der Schweiz ist seit 20 Jahren auffällig. Die Zahl der gemeldeten Fälle steigt stetig an und liegt derzeit bei 150 pro Jahr. Als wichtige Ursache hierfür werden Zeckenstiche aufgeführt. Bis jetzt ist noch nicht klar, ob andere Vektoren wie z.B. Mücken der Gattung Aedes oder Zecken der Gattung Dermacentor zu diesem Anstieg beitragen, wie es in Finnland für Mücken (inbesondere Aedes cinnereus) der Fall ist.

Klinik

Das klinische Bild der Tularämie hängt vom Übertragungsweg, der Virulenz des Erregers, dem Immunsystem des Wirtes und dem Zeitpunkt der Diagnosestellung ab. Im Allgemeinen ist die Krankheitsdauer relativ kurz. Eine Tularämie äussert sich unspezifisch mit Symptomen wie Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen und Unwohlsein. Man unterscheidet folgende Formen:

  • Die häufigste Form ist die ulzeroglanduläre Form, bei welcher die Erreger über einen Biss/Stich übertragen werden; es entsteht eine regionale Lymphknotenschwellung und ein schmerzloses Geschwür an der Eintrittsstelle
  • Bei der glandulären Form fehlen die Geschwüre an der Eintrittsstelle
  • Bei der oculoglandulären Form ist die Bindehaut die Eintrittspforte; die Erreger werden dabei mechanisch mit den Fingern von infektiösen Quellen übertragen
  • Die oropharyngeale Form entsteht bei der Aufnahme der Erreger mit Wasser oder Lebensmitteln und ist assoziiert mit einer pharyngealen Lymphadenopathie
  • Die pneumonische Form tritt als Folge einer Inhalation der Bakterien auf und ist die schwerste Form
  • Die typhoide Form äussert sich mit Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Hepato- und Splenomegalie. Es ist keine klare Eintrittspforte erkennbar

 

Therapie

Lokale Manifestationsformen werden mit Fluorochinolonen oder Tetracyclinen behandelt. Systemische Infektionen werden in erster Linie mit Aminosiden behandelt.

Impfung

In der Schweiz steht keine Impfung gegen die Tularämie zur Verfügung.

Diagnostik

Francisella tularensis ist einfach kultivierbar, wird jedoch aufgrund seines etwas langsameren Wachstums bei Routineuntersuchungen von oberflächlichen Wunden oft nicht entdeckt. Bei einem Verdacht ist es wichtig, das Labor entsprechend zu informieren, damit die Kulturen länger bebrütet und die nötigen Sicherheitsvorkehrungen (BSL-3) getroffen werden können. Bei pulmonalen oder systemischen Manifestationen sind die Erreger einfacher in Blutkulturen nachweisbar. Geschwürbiopsien eignen sich ebenfalls gut für den kulturellen Nachweis. Die Kultur ermöglicht eine Überwachung möglicher Antibiotikaresistenzen; diese sind jedoch sehr selten.

Der molekularbiologische Nachweis gilt als Methode der Wahl, da der Umgang mit Bakterienkulturen vermieden werden kann. Sie weist den für die Infektion verantwortlichen Erreger mit hoher Empfindlichkeit nach, und zwar innerhalb von 24 Stunden nach Erhalt der Probe (Mikrobiologie CHUV).

Ein positives PCR-Resultat ist für das Labor im Hinblick auf die zu treffenden Sicherheitsmassnahmen für Kulturen des gleichen Patienten von Bedeutung. Sequenzierungen des vollständigen Bakteriengenoms werden in seltenen Fällen durchgeführt, meist unter Verwendung von kultivierten Isolaten.

Die Serologie ist die einfachste aber auch die unsicherste Diagnostikmethode für Francisella tularensis. Sie hängt sehr stark von der Qualität der verwendeten Tests ab. Im Allgemeinen ist die Sensitivität eher niedrig, zu Gunsten einer hohen Spezifität von 95-98% (Bestätigungstests). Zur Bestätigung eines Falls ist der Nachweis einer IgG-Serokonversion nötig; mit diesem Ansatz werden falsche, isoliert IgM-positive Resultate aufgrund verschiedener unspezifischer Kreuzreaktionen vermieden. IgG-Antikörper werden in der Regel 10-20 Tage nach der Infektion nachweisbar. Die Persistenz von IgG-Antikörpern und die Kreuzreaktivität mit Brucella spp. und Yersinia spp. Erschweren die Interpretation der serologischen Untersuchungen, unabhängig vom verwendeten Testsystem (Agglutination, Immunfluoreszenz oder ELISA).