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Frühsommer-Meningoenzephalitis Virus

Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) wird durch eine Virusinfektion ausgelöst. Bei einer Erkrankung können sich die Hirnhäute und das Gehirn entzünden. Vereinzelt verläuft FSME tödlich. Allerdings kann man sich durch Impfen vor einer Erkrankung schützen.

Erreger

FSME-infizierte Zellen. Bild: R. Ackermann

Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) wird durch ein Virus der Gattung Flavivirus in der Familie der Flaviviridae verursacht. Die Gattung Flavivirus umschliesst mehr als 70 Spezies. Viele von ihnen sind wichtige Krankheitserreger beim Menschen; die meisten von ihnen werden durch den Stich infizierter Arthropoden (Zecken oder Mücken) übertragen. Neben dem FSME Virus gehören z.B. auch das Dengue Virus, das Japanische Enzephalitis Virus, das Gelbfieber Virus und das Zikavirus zu dieser Gattung.

Weltweit gibt es drei anerkannte Subtypen des Virus mit hoher phylogenetischer und antigener Ähnlichkeit. In der Schweiz kommt der europäische Subtyp vor, der vor allem durch die ZeckeIxodes ricinus übertragen wird. Daneben gibt es auch einen fernöstlichen und einen sibirischen Subtyp; diese kommen in Europa im baltischen Raum und an der finnischen Küste sowie im asiatischen Raum vor und werden von der Zecke Ixodes persulcatus übertragen. Tick-borne encephalitis (virus), TBE (-Virus), ist der englische Überbegriff für alle Virus-Subtypen.

Epidemiologie

Zecken, die das TBE-Virus übertragen, kommen in vielen europäischen Ländern, in Russland und in Asien vor. In vielen Ländern ist die TBE meldepflichtig; bis zu 12‘000 Krankheitsfälle werden jährlich aus diesen Ländern gemeldet. In der Schweiz schwankten die Fallzahlen seit 2005 zwischen 100 und 250 Fällen pro Jahr. In den letzten Jahren ist ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen (2020: 455 Fälle), dessen Ursachen vielfältig und nicht vollständig erforscht sind. Es existieren Karten mit Anzeige der aktuellen Gebiete mit gemeldeten Stichorten sowie den FSME-Impfempfehlungen. Die monatlichen FSME-Fallzahlen verlaufen wellenförmig mit einem Gipfel in der warmen Jahreszeit.

Das TBE-Virus zirkuliert in der Natur in so genannten Naturherden (5’000-10’000m2) in Zyklen  zwischen Zecken und Wildtieren. Ausserhalb dieser Naturherde tragen die Zecken keine TBE-Viren in sich.

Verbreitungsgebiet des TBE-Virus. Karte des Centers for Disease Control and Prevention.

Im Allgemeinen ist die Prävalenz von Virus-infizierten I. ricinus-Zecken innerhalb der Naturherde relativ niedrig; in der Schweiz liegen die durchschnittlichen Infektionsraten bei etwa 0.5%. Das Fortbestehen eines Naturherdes hängt von einer ausreichenden Übertragung zwischen Zecken und Reservoirwirten ab. Natürliche TBE-Virus-Reservoirwirte sind Nagetiere, Füchse, Marder, Igel und Maulwürfe.

Obwohl die Virusübertragung in der Regel durch den Stich einer infizierten Zecke erfolgt, ist in seltenen Fällen auch eine alimentäre Übertragung durch den Konsum virusinfizierter Rohmilch oder Rohmilchprodukten von Ziegen oder Schafen, in Ausnahmefällen auch Kühen, möglich.

Klinik

Man geht davon aus, dass die Infektion bei etwa 75 -95% der Personen, die mit dem FSME-Virus angesteckt werden, asymptomatisch oder subklinisch verläuft. Berücksichtigt man zudem die durchschnittliche FSME-Infektionsrate der Zecken entwickeln etwa 1-2% der Personen, die in einem Endemiegebiet von einer Zecke gestochen werden, eine klinische Erkrankung.

Die Infektion durch FSME-Viren (europäischer Virus-Subtyp) verläuft zweiphasig. Nach 1 – 10 Tagen Inkubationszeit kommt es durch die erste Virämie zu einer grippalen Symptomatik. Nach dem Abklingen dieser Symptome und weiteren 1 – 10 Tagen geschieht in etwa einem Drittel der Fälle der Übergang in die neurologische Symptomatik. Der Verlauf der zweiten Phase wir in mild, moderat oder schwer eingeteilt, abhängig davon, welche Teile des zentralen Nervensystems von der Infektion betroffen sind. Die Meningitis (in der Schweiz 22% der Fälle mit neurologischer Symptomatik) manifestiert sich mit Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Schwindelgefühl und Nackensteifheit. Bei der Meningoenzephalitis (55%) kommen zerebellare Symptome hinzu, typisch sind Störungen der Bewegungskoordination und Bewusstseinsstörungen, die von Schläfrigkeit bis hin zum Koma reichen können. Die Meningoenzephalomyelitis (3%) äussert sich mit schlaffen Lähmungserscheinungen der Arme, des Rückens oder der Beine, wobei die oberen Extremitäten häufiger betroffen sind als die unteren. Eine schlechte Prognose besteht, wenn das verlängerte Mark und der zentrale Hirnstamm betroffen sind. Etwa 1 – 2% der Patienten sterben an einer FSME.

Therapie

Gegen eine Frühsommer-Meningoenzephalitis gibt es keine spezifischen Arzneimittel. Die Behandlung erfolgt symptomatisch. Einige antivirale Wirkstoffe, spezifische Immunglobuline oder andere möglicherweise protektive Substanzen werden auf eine mögliche Wirksamkeit gegen FSME Viren hin getestet.

Impfung

Zur Vorbeugung gegen FSME steht eine sichere und gut wirksame Impfung zur Verfügung. Diese ist für alle Personen empfohlen (im Allgemeinen ab dem Alter von 6 Jahren), welche sich in einem Risikogebiet gegenüber Zecken exponieren. Für die Grundimmunisierung sind drei Impfstoffdosen erforderlich. Auffrischimpfungen sind bei fortbestehender Exposition in Abständen von 10 Jahren erforderlich.

Diagnostik

Da sich die Symptome und allgemeinen Laborwerte nicht von anderen Erkrankungen des zentralen Nervensystems unterscheiden, muss die Diagnose mit spezifischen Labortests gestellt werden.

Theoretisch ist ein direkter Virusnachweis im Blut der Patienten in der ersten Krankheitsphase mittels Polymerase Kettenreaktion PCR möglich. In der zweiten Krankheitsphase sind die Viren aufgrund der einsetzenden Immunantwort in aller Regel nicht mehr direkt nachweisbar, weder im Blut noch im Liquor. Da die betroffenen Personen meist erst beim Auftreten neurologischer Symptome in der zweiten Krankheitsphase eine medizinische Einrichtung aufsuchen, sind die direkten Nachweismethoden von untergeordneter Bedeutung. ADMED Microbiologie stellt die Methode für spezifische Fragestellungen auf Anfrage zur Verfügung.

Als Methode der Wahl für den Nachweis einer FSME-Virus-Infektion gilt die Serologie. Bei der Mehrheit der Patienten mit neurologischen Symptomen können spezifische IgM und IgG-Antikörper in der ersten abgenommenen Serumprobe nachgewiesen werden. Die Interpretation der serologischen Tests wird durch die stark ausgeprägte Antikörper-Kreuzreaktivität (insbesondere bei IgG-Antikörpern) mit anderen Flaviviren (z.B. Gelbfieber-Virus, Dengue-Virus, Japanisches Enzephalitis-Virus, ggf. auch nach entsprechenden Impfungen) erschwert. Virus-bindende aber nicht -neutralisierende Antikörper verursachen falsch-positive Resultate in den routinemässig eingesetzten ELISA Tests. Die Abgrenzung von Virus-neutralisierenden Antikörpern erfolgt durch einen Serumneutralisationstest. Dieser wird im CHUV, Laboratoire de Microbiologie, durchgeführt. 

Quellen

  • Robert Koch Institut, Ratgeber zur FSME
  • Bundesamt für Gesundheit BAG, Informationen zur FSME
  • Dobler G. et al, The TBE Book, 4th Edition, Global Health Press 2021
  • BAG Bulletin 41, 2016
  • Holzmann H; Diagnosis of tick-borne encephalitis. Vaccine 21 (2003) S1/36-S1/40
  • https://www.zecken.de
  • https://zecken-stich.ch